Mausohrmadonnen

Anja Mattenklott: "Mausohrmadonnen", 24 cm x 30 cm, Gouache, Pigmente auf Leinwand, 2020
Anja Mattenklott: "Mausohrmadonnen", 24 cm x 30 cm, Gouache, Pigmente auf Leinwand, 2020

In dem Ökofilm "Die Wahrheit über Windkraft", den ich letzten Winter sah, gab es eine Szene, die mir zu schaffen machte: Ein Journalist und eine Medizinerin untersuchten gemeinsam unter Windrädern gefundene, tote Fledermäuse mit Röntgenaufnahmen und setzierten sie anschließend auf kleinen Frühstücksbrettchen.

Sie wollten herausfinden wie sie gestorben sind.

Ich erfuhr dabei, daß Fledermäuse nur einmal im Jahr ein Junges bekommen.

Das heißt, wenn die Fledermausmütter auf ihren Flugrouten an Windrädern sterben, ist ihr Volk gefährdet,

weil der Verlust an Leben nicht schnell genug erneuert werden kann.

Der erschütternden "Wahrheit über Windkraft" wollte ich etwas entgegen setzen - meine Auffassung von Leben und seiner allgemeinen Heiligkeit, egal welche Spezies.

Ich hatte die Vision einer "Fledermausmadonna mit Kind".

 

Durch meine Beschäftigung mit Geburten und Lebensvorgängen bei Fledermäusen stellte ich fest, daß es bei ihnen gar keine alleinerziehenden Mütter mit KInd gibt. Ab Anfang April trennen sich die Weibchen von den Männchen und ziehen in unterschiedliche Sommerquartiere um. In den sogenannten Wochenstuben hängen die Fledermausfrauen eng aneinander gekuschelt mit den Füßen von der Decke und bringen ab Anfang Juni gemeinsam ihre Jungen zur Welt. Tagsüber schlafen sie, nachts jagen sie und lassen die Kleinen allein. Wieder da, wärmen und säugen die Mütter die Fledermäuschen bis sie nach sechs bis sieben Wochen selbst zur Jagd mitfliegen können. Ab August lösen sich die Wochenstuben auf. Beide Geschlechter ziehen ins gemeinsame Winterquartier um.

Der Mausohrmann erwählt durch einen Nackenbiß seine vielleicht schlafende Partnerin und begattet sie kopfüber.

Seine Samen werden über Winter in der Frau kühl gelagert und kommen erst zur Befruchtung, wenn das Wetter und das Nahrungsangebot günstiger ist für die anstrengende Schwangerschaft, also im Frühling.

 

 

 

 

 

(c) Anja Mattenklott, Potsdam, 15., 19. + 22. 10. 2020