Die Anrufung der Ahnen - Neuseeland

Wir sind in einem fiktiven Tal in Neuseeland. Die Luft ist erfüllt mit süß duftenden Manukablüten, dem Summen tausender Bienen, dem golden funkelnden Sonnenlicht. Die Großmutter singt eindringlich für ihre Bienen und verbindet sich über sie mit den Ahnen. Ihre Enkelin nimmt das Geschehen tief in sich auf.

 

Die Bildsituation sah ich in dem Film "Mahana - eine Maori-Saga" von 2016.

Dieses Gefühl von Ewigkeit, voller lebendiger goldener lichter Energie wie wenn die Zeit sehen bleibt, hat mich tief beeindruckt.

 

Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Bedeutung der Anbindung an unsere Ahnen völlig ins Vergessen gefallen ist. Durch einen Haka-Krafttanz-Workshop und ein anschließendes Ahnenheilungsseminar, kam ich letztes Jahr zum ersten Mal in direkten Kontakt mit meinen Vorfahren. Wir konnten eine Vorstellung entwickeln, wie es sein könnte, wenn Generationen von Vorfahren hinter uns stehen, die alle darauf hinwirkten, daß wir jetzt in unseren Körpern lebendig sind, deren geeinte Kräfte und Wissen in uns fließen.

Da wir alle kollektive Traumata in uns tragen, unbearbeitet aus Kriegs- und Notzeiten, gesellschaftlichen Mißständen, kamen zuerst Gefühle von tiefer Trauer, Leid, Schmerz, Verhungern, Ohnmacht, Ängsten, Elend, Wahnsinn in mir auf. Schnitt ich mich von meinen Ahnen ab, um das zu vermeiden, schnitt ich mich gleichzeitig von meiner Quelle ab, von meinen Wurzeln.

Es gab nur den Weg über die Heilung in die Vergangenheit hinein. Eine einfache Technik mit Zetteln lehrte mich Sharon Healey. Ich konnte in Ahnen hineinfühlen, denen es nicht gut ging und in Stille wie telepatisch mit ihnen sprechen oder sie einfach nur halten oder etwas vorsingen. Herausfinden, was sie brauchten, damit es ihnen besser geht und sie von selbst wieder an ihren Platz in der Ahnenreihe wollten.

 

Die Ahnen zeigen sich durch uns: unsere Probleme heute sind zum Teil genau ihre alten Themen. Wenn wir unsere Aufgaben und uns selbst liebevoll annehmen mit allem, was ist, hinschauen und anerkennen, was gewesen ist, hineingeben, was es zur Heilung braucht und in Liebe und Dankbarkeit verabschieden, schaffen wir neue Räume für inneres Wachstum.

 

Hinter der Traumalandschaft fand ich sehr große Geschenke: all das erworbene Wissen, wie man lebt, wie man überlebt, wie es immer weiter geht, wer wir sind und was wir können. Geheilte Ahnen sind für mich voller Liebe, Humor, Achtsamkeit, Dankbarkeit, frei schwebender Anteilnahme und Fürsorge, und Neugier. Sie haben ein Interesse daran, daß es uns gut geht und sie geleiten uns sanft zu unseren Lebensaufgaben.

Seit einigen Monaten teile ich an einem Platz in meinem Zimmer mein Essen mit ihnen, zünde gelegentlich eine Kerze an, wenn ich sie um etwas bitte oder ich stelle ihnen eine kleine Blumenvase hin und ich habe nicht mehr das Gefühl, allein zu sein.

 

Anja Mattenklott: "Anrufung der Ahnen - Neuseeland", 90 cm x 70 cm, 2024, Gouache, Pigmente auf Leinwand, noch in Arbeit
Anja Mattenklott: "Anrufung der Ahnen - Neuseeland", 90 cm x 70 cm, 2024, Gouache, Pigmente auf Leinwand, noch in Arbeit

Als alte Hobby-Ethnologin freute ich mich, in die Maori-Manuka-Honig-Geschichte einzutauchen und mußte feststellen, daß neuseeländische Bienen gar keinen Honig gemacht haben.

Die ersten europäischen Honigbienen kamen 1839 mit der englischen Siedlerin Mary Bumby ins Land der Manuka-Bäume. Diese Verbindung der Kulturen brachte den legendären Manuka-Honig und andere neuseeländischer Sorten hervor.

Manuka-Bäume waren von den Maori hochgeschätzt. Als Pionierpflanzen sind sie sehr zäh und anspruchslos und kommen mit Trockenheit und Nässe, Frost und Stürmen zurecht. Ihr rotes Holz ist so hart, daß es zu Keilen verarbeitet, half, größere Bäume zu spalten. Man verwendete es auch für Boote, Häuser, Paddel, Waffen, Gartengeräte und als Brennmaterial. Als biologische Apotheke halfen ihre Blätter, Rinde und Harze gegen Husten, Fieber, Durchfall, Verbrennungn, Magen- und Urinprobleme. Als Nahrungsquelle laben ihre Blüten mit Pollen und Nektar die Bienen, Käfer, Motten und Geckos.

Ein Maori Sprichwort lautet." He iti, he iti kahikatoa." "Obwohl klein, ist es ein Manuka! " Es würdigt seine inneren Stärken, mit denen er sich von größeren einheimischen Bäumen unterscheidet.

 

Schauen wir auf den leuchtenden Stein: er ist für mich wie eine Metapher des Universums in höchster Schwingung: - Licht - Harmonie - Einheit, die Quelle aus der alles entseht. Wir sind wie Bienen, die als Teile des Ganzen entsandt werden zu lernen und Informationen zu sammeln über das Leben in all seinen Facetten. Und hin und wieder kehren wir zurück in den Stock zu unseren Lieben mit unseren Schätzen und feiern und teilen unsere Reichtümer und unsere Kümmernisse und heilen und laden uns wieder auf für den nächsten Flug. Die verbindende Sequenz zwischen Großmutter und Enkelin ist ein Blick ins Innere, da wo das ewige Leben entsteht.

 

"Ina ke te mohio koe ko wai koe, I anga mai koe i hea,

kei te mohio koe, kei te anga atu ki hea."

 

"Wenn wir wissen, wer wir sind und wo wir herkommen,

dann wissen wir, wo wir hingehen."

 

Maori-Sprichwort

 

 

 

(c) Anja Mattenklott, Potsdam, 28.4.2024