Die Erdmutter - Karelien

Beim Eintauchen in die Fülle alter europäischer Stickmuster fand ich ein Foto einer alten Stickerin vor einer karelischen Blockhütte. In ihren Händen hält sie eine Leinenstickerei mit Vögeln, Pflanzen und der slawischen Muttergöttin Mokosh. Sie steht für Fruchtbarkeit, Weiblichkeit, den Schutz der Schafe, des Spinnens und des Webens. Solche Tücher hingen zum Beispiel um die Ikonen in einer Hausecke.

Ich wollte hier Aspekte des Weiblichen zeigen, die sich im Grunde in der feuchten Erde befinden.

In dem Potential, neues Leben hervorzubringen und zu nähren und zu erhalten.

Das Durchlaufen der Entwicklungszyklen vom Keimen, zum Blühen, zum Ausreifen bis die Frucht selbst entscheidet, sich vom Mutterkörper zu lösen zu ermöglichen.

All diese Dinge geschehen im Zusammenspiel mit der Sonne, den Sternen, dem Mond, dem Wasser, der Wärme, dem Luftraum, und den vielen sichtbaren und unsichtbaren Wesen.

Es braucht eine stabile Basis, um darauf etwas zum wachsen zu bringen. Halt, Geborgenheit, Nahrung, Schutz und Liebe für die kleinen, zarten Pflänzchen, bis sie selbst kräftiger werden und eigenständiger. Die Erde ist dieser universale Körper, aus dem alle anderen Körper auf ihr hervorgehen.

 

Anja Mattenklott: "Die Erdmutter - Karelien",70 cm x 80 cm, 2023 - 2024, Gouache, Pigmente auf Leinwand
Anja Mattenklott: "Die Erdmutter - Karelien",70 cm x 80 cm, 2023 - 2024, Gouache, Pigmente auf Leinwand

Bei der Beschäftigung mit Karelien fielen mir die Jahrtausende alten Steinlabyrinthe auf, die vermutlich auf die Vorfahren der heutigen Sami zurückgehen. Sie befinden sich teils auf Inseln und an Flußmündungen.

Für mich stellen sie Transformationswege dar, die durch begehen mit dem Körper und dem Geist gleichzeitig das Äußere mit dem Inneren verbinden und erfahrbar machen.

 

Auch die Kreiszeichnung darunter gibt uns Hinweise auf das Reisen zwischen den Welten, wie wir sie finden auf Schamanentrommeln im Nordeuropäischen und Sibirischen Raum. Monotones Trommeln bringt uns leicht in tranceartige Zustände, in denen wir Dinge in der Geistwelt erfahren und lenken können und so die Realität damit verändern können, wie es dem Ganzen dienlich ist.

 

Die weiße Katze auf der Schwelle des Hauses beschäftigt sich mit der Innenschau. Der europäische Winter mit seiner äußeren Dunkelheit, Kargheit und Kälte lädt immer gerne dazu ein, am gemütlichen Ofenfeuer, auch am inneren Ofenfeuer.

 

Das Blockbohlenhaus ist verziert mit slawischen Stickmustern und Spinnrocken-Schnitzereien und karelischen steinzeitlichen Felsgravuren. Die Frau trägt eine frei zusammengestellte Kleidung aus Wikinger-Schildkrötenfibeln, Bronzevögeln mit Glasperlenketten, Schlangen- und Bärenbroschen, Kopftuch, Bluse, Schürze und Rock mit karelischen Stick- und Webmustern.

 

Zu ihren Füßen ist links die Schlange, die sich häutet als Symbol für die ewige Erneuerung des Lebens.

Rechts die Lemniskate - Schlange, Symbol der Ausdehnung und Unendlichkeit des Lebens, das ständig in Bewegung, Schwingung und Veränderung ist. Die harmonisierende Energie dieses Zeichens kann man auch heilerisch anwenden.

 

Das Kind auf diesem Bild begegnete mir bei einer Seelenreise als ich selbst mit 3-4 Jahren.

Ohne mir dessen bewußt zu sein, fehlte mir ein stabile emotionale Basis und ich war in meiner Familie ständig damit beschäftigt, gefühlsmäßige Stabilität und Sicherheit zu erreichen, ohne daß es mir gelang.

Da viel Trauma, auch von meinen Ahnen geerbtes, bei mir in den Lendenwirbelknochen gespeichert ist, habe ich die Lemniskateschlange dahin gemalt, um ihre Heilwirkung zu entfalten.

 

Eines Morgens erwachte ich und hatte die Vision von der Menschenkette am Fluß. Alle sind über ihre Herzen verbunden. Es ist die Vision von uns Menschen, die wir uns selbst fühlen können und alles, was uns umgibt auch. Und so aus unserem Gefühl heraus gemeinsam zum höchsten Wohle aller leben und wirken, weil anderes keinen Sinn mehr macht.

Weil wir uns sonst nur selbst schaden würden und das haben wir die letzten Jahrtausende erforscht,

wie sich das anfühlt.

Wir gehen auf dem Herzensweg in ein emotional wärmeres und geistig helleres Zeitalter.

 

Auf der Leiter zwischen Himmel und Erde klettert eine magische Rebe. Sie stellt die Energie dar wie sie zwischen liebenden Herzen lebendig hin und her fließt, wie sie immer in Bewegung ist.

Sie tranformiert Altes, bringt immer wieder Neues hervor und durchlichtet alle Welten.

 

Die Liebe gibt den Samen den Impuls und die Freude sich zu entfalten und zu wachsen zu sich selbst.

Und die Freude in unserer Einzigartigkeit und Vielfalt uns mit einander zu erkennen.

 

 

 

(c) Anja Mattenklott, Potsdam, 14.04.2024