Das Geschenk des Lebens

Anja Mattenklott: "Das Geschenk des Lebens", 50 cm x 40 cm, Gouache, Pigmente auf Leinwand, 2020
Anja Mattenklott: "Das Geschenk des Lebens", 50 cm x 40 cm, Gouache, Pigmente auf Leinwand, 2020

Auf einer österlichen Spreewaldkahnfahrt entdeckte ich das Freilandmuseum Lehde. Im Vorbeifahren machte ich ein imaginäres Kreuzchen und kam im Herbst als Ethno-Pilgerin dahin zurück.

Es gab mehrere Blockhäuser aus verschiedenen Lausitzer Dörfern. Abgebaut und im neuen Verbund wieder aufgebaut, die verschiedenen Lebensweisen der Bauernfamilien vom 17. bis 19. Jahrhundert erfahrbar zu machen.

Über das Backhaus, das Hühnerhaus, die Kahnbauerei, die Feuerwehr und den Nachtwächter, den Waschplatz, die Knechtschlafstube, den Kuhstall, den Bauerngarten, die Spinnstube, die schwarze Küche, die Gewerke von Seiler, Keramiker und Holzschuhmacher fand ich in einem Raum das Bild vom Schlangenkönig "Wuzowy Kral" und dem Mädchen.

 

Die Sage ging etwa so:

 

" Einst herrschte eine Schlangenplage im Spreewald. Die Menschen jagten die Schlangen aus den Häusern auf die Wiesen. Nur ein junges Mädchen brachte heimlich ein Schälchen Milch hinaus, worauf der Schlangenkönig jede Nacht kam und ein wenig davon trank. Zum Dank beschützte er das Haus vor allen Gefahren und Ungemach.

Seit dieser Zeit ziert der hölzerne Schlangenkönig die Giebel der Spreewaldhäuser als ihr Schutzpatron."

 

Das Bild sah so karg aus, ich hatte sofort Lust, es auf meine Art neu zu malen, mit mehr Pflanzen und Tieren.

Im Januar träumte ich mich in den Frühling zum Bärlauch, zu den Schlüsselblumen, den Weidenkätzchen,

den Gänseblümchen und Fröschen.

 

Wenn es nach "heile Welt" aussieht, sage ich: ja, darum geht es.

Darum, daß wir Menschen nicht unbegrenzt aus der Natur nehmen können, ohne etwas zurückzugeben.

Darum, daß jedes Tier, jede Pflanze, jeder Stein, jedes Wasser seinen Platz hat und seine Aufgabe

und mit allem verbunden ist.

Als Gärtnerin sehe ich immer komplexer mit den Jahren, wie fein die Abläufe in der Natur miteinander abgstimmt sind. Es gibt für alles nur bestimmte Zeitfenster, in denen etwas geschehen kann.

Die Pflanzen schenken so viele Samen, Früchte und Knollen, viel mehr, als je wieder zur Pflanze werden.

Sie sind auf Verteilung ihres Reichtums angelegt. Nur dadurch können sie weiterleben, wenn sie eines Tages sterben.

 

Der Schlangenkönig ist für mich das Symbol der Natur und das Mädchen der Mensch, der begreift,

daß er abhängig ist von der Natur und ihr liebevoll Respekt erweist.

Gehen wir mit Naturwesen freundlich und respektvoll um, nähren und heilen sie uns und wir können gut mit ihnen leben (vielleicht nicht unbedingt mit Grizzlybären, aber mit Kartoffeln z.B.).

Doch vergiften, quälen oder zerstören wir sie, wird es uns auf Dauer auch schlecht ergehen.

 

 

 

(c) Anja Mattenklott, Potsdam, 15. und 19.10. 2020